Carl August Hess (1800-1871)
hoher Verwaltungsbeamter der Residenzstadt Gotha und des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha
Vortrag von Herrn Roland Scharff aus Georgenthal, gehalten am 30. Juli 2009 vor dem [Auditorium].
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Knut Kreuch, sehr geehrte [NN], verehrte Zuhörerschaft!
Im Frühjahr 1974, also vor gut 35 Jahren, überraschte mich meine damalige Georgenthaler Schülerin Regina Pfeifer (verheiratete Kästner) mit einigen gesiegelten Urkunden aus dem Zeitraum 1822 bis 1867! Als Geschichtslehrer und leidenschaftlichem Heimatforscher war mir sofort klar, dass hier auf dem Dachboden jener später für den Bau einer Kaufhalle "entsorgten" einstigen "herrschaftlichen" Scheune aus der Übergangszeit vom 19. zum 20. Jahrhundert noch weitere "Schätze" zu bergen sein müssten ...
Und dann brachten mir die Geschwister Pfeifer tatsächlich einen Handwagen voller Säcke mit "Altpapier"!
Dieses sollte sich nach Wochen langen Recherchierens plötzlich als der seither verschollene, doch historisch sehr bedeutungsvolle Nachlass des einstigen Regierungspräsidenten Carl August Heß, seines Sohnes, des Forstprofessors Richard Heß (1835-1916), sowie seiner Tochter Clara und ihres Mannes, des Oberstleutnants Karl Pampe von der kaiserlichen deutschen Wehrmacht entpuppen!
Diesen Schatz galt es nun unbedingt der Nachwelt zu erhalten, hatte sich doch aus den amtlichen Dokumenten und aus dem ebenfalls sehr gut erhaltenen, umfangreichen Schriftverkehr uns, dem Georgenthaler Ehepaar Waldfriedel und Roland Scharff, beim Sichten und Lesen der vielen Dokumente eine Familiengeschichte offenbart, die einen Zeitraum von vier Generationen umfasste. Das war ausreichend Stoff für die Erarbeitung einer wirklich hochinteressanten Familiensaga, die aber noch weiterer Erschließung harrt.
Bereits vor 33 Jahren stellte ich die Dokumentenakte Nr. II der Patentochter der Urenkelin von Carl August Heß, Anna Schmidt-Pampe, jener bereits genannten Regina Pfeifer, zur Nutzung für die Erarbeitung einer Jahresarbeit im Fach Geschichte kurzzeitig zur Verfügung. Gemeinsam mit ihrer Schulkameradin Gabi Jakuttis schrieb sie damals bei mir im Fach Geschichte die Arbeit: "Der Beginn der 1848er Revolution, dargestellt an den Originalakten des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha". Auch dieses Original ist erhalten geblieben!
In meinem Vortrag möchte ich nun erstmals das Leben und Wirken des einstigen 1. Bürgermeisters der Residenzstadt Gotha und späteren Regierungspräsidenten des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha genauer beleuchten und dabei jenen ausgezeichneten Verwaltungsbeamten Carl August Heß sozusagen "wieder auferstehen" lassen!
Wie folgendes Dokument zeigt, war Carl August Heß am 24. August 1849, vor nunmehr 160 Jahren, zum Präsidenten der Finanzabteilung des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha berufen und eingesetzt worden (Dokument Nr. 25 der Mappe III).
Mit Klick auf das jeweilige Dokument gelangen Sie zum vergrößerten Original!
Doch was hatte dieser neue Präsident der Finanzabteilung noch 17 Monate zuvor in den Märztagen des Revolutionsjahres 1848 in der Residenzstadt Gotha "erleben" müssen!
Aus der bereits sofort nach seinem Tod gedruckten Kurzbiografie erfahren wir von jenen Märzereignissen:
"Constitution"-"Nieder mit Heß!" las man in roter Schrift an den Straßenecken Gothas in den Märztagen jenes Jahres (Dokument Nr.12 - Originalflugblatt - der Mappe II).
Eben dieses uns erhalten gebliebene Originalflugblatt des Jahres 1848 war der Auslöser dafür, dass sich der Staatsbeamte Carl August Heß nun aus dem Archiv die wichtigsten, sein Schaffen und Wirken betreffenden Originaldokumente besorgte, um diese danach säuberlich geordnet und nummeriert in drei Aktenmappen für seine Nachfahren aufzubewahren!
Gleiches tat später auch dessen Sohn, der Forstprofessor und Rektor der Universität Gießen, Richard Heß. Folgende Aufnahme von Richard Heß stammt vom 1. Januar 1914 (gemeinfrei in Wikipedia). Von seinem Vater, Carl August Heß hat sich leider keine Abbildung erhalten.
Am Vorabend des 400. Bestehens der Universität Gießen konnte ich diese wertvolle Dokumentensammlung als ein Thüringer jener hessischen Bildungseinrichtung für weitere Forschungszwecke übergeben!
Verehrte Zuhörerschaft,
um auch bei der Erarbeitung dieses Vortragstextes möglichst zeitgemäß vorzugehen, nutzte ich das Internet. Erschienen hier schon bei der Eingabe des Namens Knut Kreuch (ohne "OB" am 15. Juni 2009) sofort 46 Auskunftsseiten, fand ich zu seinem Vorgänger Heß erst nach langem Suchen und der Eingabe des Suchwortes "Regierungspräsident" den Text einer nach 1871 gedruckten Kurzbiografie ([Link] und Originaltext am Ende dieser Seite)
Zu dessen Arbeitgeber, dem Landesvater Herzog Ernst II., erfuhr ich nicht nur, dass dieser am 29. Januar 1844 die Regentschaft über das Doppelherzogtum Sachsen-Coburg und Gotha übernommen hatte, sondern auch, dass er 5 Jahre später - zu Gründonnerstag 1849 - als Kommandeur der Truppen des Deutschen Bundes im Gefecht bei Eckernförde gegen Dänemark als Sieger gefeiert werden konnte und schon wenig später als ein Nationalheld in die Geschichte einging.
Herzog Ernst II. war auch auf dem Gebiet von Kunst und Kultur, als Regisseur und Schauspieler aktiv, komponierte damals jene große romantische Oper mit Namen "Santa Chiara". Daneben war er nicht nur ein Freund und Gönner des namhaften Schriftstellers Gustav Freytag sowie des Walzerkönigs Johann Strauß, sondern sofort nach den bereits genannten Märzereignissen von 1848 auch ein großzügiger Gönner und echter Freund seines Regierungspräsidenten, des vormaligen 1. Bürgermeisters der Residenzstadt Gotha, eben Carl August Heß.
Seinem Sohn, dem Forstprofessor und späteren Rektor der Universität Gießen, Richard Heß, sowie dem mit diesem befreundeten Geschichtsprofessor Christian Friedrich Georg Wilhelm Oncken (1838-1905) verdanken wir die genannte Kurzbiografie für einen "der ausgezeichnetsten Verwaltungsbeamten" der Residenzstadt Gotha sowie des damaligen Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha. Beide an der Gießener Universität lehrenden Professoren konnten bei der Erarbeitung dieser Kurzbiografie auf die von Carl August Heß gesammelten und behüteten Dienstakten und Familienpapiere zurückgreifen. Diese später auch von mir über 35 Jahre gut verwalteten, einmaligen Originaldokumente erblicken nun aber erst 161 Jahre seit dem Beginn der Aktensammlung - am 31.Juli 2009 - mit meiner Übergabe derselben an den derzeitigen Oberbürgermeister der Residenzstadt Gotha, Herrn Knut Kreuch, erstmals das Licht der Öffentlichkeit.
Lüften wir nun das Geheimnis, wem es damals außer dem Landesvater Herzog Ernst II. hauptsächlich zu verdanken ist, dass bereits im Jahre 1860 in Coburg das 1. Deutsche Turn- und Jugendfest gefeiert und nur zwei Jahre später - im Jahre 1862 - auch der "Deutsche Sängerbund" gegründet werden konnte.
Entsprechend der großartigen und sehr umfangreichen Sammlung jenes "im Rechtssinn und im Pflichtgefühl unbeugsamen Staatsmannes Carl August Heß" (vgl. Kurzbiografie) können die nun folgenden Darlegungen leider nur einen kleinen, aber doch wichtigen Ausschnitt derselben widerspiegeln!
Der herzoglich sachsen-coburg-gothaische Regierungspräsident und spätere Geheime Rat Heß erblickte am 30. September 1800 in der Residenzstadt Gotha das Licht der Welt. "Nachdem er das Gymnasium seiner Vaterstadt durchlaufen hatte", heißt es in der Kurzbiografie, "bezog er 1818/19 die Universität Jena, um Jura zu studieren". Weil nun hierin leider der Name des Gothaer Gymnasiums nicht angegeben ist, glaube ich, dass es sich bei diesem um jenes sogenannte "kombinierte Gymnasium Ernestinum" handelt, in welchem später auch sein Sohn Richard nach den mir vorliegenden Dokumenten seine Reifeprüfung im Jahre 1854 mit "vorzüglich" abgelegt hat.
Doch erneut - anhand der Kurzbiografie - zurück zu dessen Vater Carl August. Dieser bestand schon "im Februar des Jahres 1822 das juristische Tentamen (Prüfung) vor der herzoglichen Landesregierung, um danach seine amtliche Laufbahn als Accessist (Beamter?) beim Stadtrat zu Gotha aufzunehmen".
Am 10. März 1824, also vor 185 Jahren, bezeugt eine gesiegelte Urkunde der Herzoglichen Regierung, dass sie den Rechtskandidaten Carl August Heß in die Zahl der hiesigen Amts- und Gerichtsadvokaten aufgenommen hat (Dokument Nr. 8 der Mappe I).
Am 8.Februar 1828 wird Carl August Heß laut gesiegelter Urkunde zum Obersteuersekretär ernannt (Dokument Nr. 20 der Mappe I).
"Nach 10 Jahren vielseitiger Amtstätigkeit, wozu seit Februar 1829 noch die Verwaltung der Gerichte zu Großenbehringen gekommen war, wurde Carl August Heß dann am 17. Dezember 1832 von der Vertretung der Stadt Gotha zu deren 1. Bürgermeister gewählt".
Das Originaldokument beginnt mit folgendem Satz: "Bei der heute stattgefundenen Wahl der Mitglieder der neuen Stadtverwaltung ist die Wahl zur ersten Bürgermeisterstelle mit auf Sie gefallen." (Dokument Nr. 30 der Mappe I)
"Hiermit trat Heß an die Spitze eines völlig neu geordneten städtischen Gemeinwesens, in dessen Verwaltung er drei Jahre Haupt und Seele war." Dessen bis heute noch in Handschrift erhaltene "Ansprache bei der Einführung des neuen Stadtrates am 8. April 1833" dürfte für den derzeitigen Oberbürgermeister Gothas eine echte Fundgrube sein (Dokument Nr. 44 der Mappe I).
Hierzu erfolgt zusätzlich der folgende Auszug aus der gedruckt vorliegenden Predigt des damaligen Archidiakonus Karl Hey vom zweiten Osterfeiertag des Jahres 1833, aus Anlass der "Feier der Einführung der neuen Stadtverwaltungsordnung" in der Margarethenkirche zu Gotha (Dokument Nr. 48 der Mappe I).
Zur Entstehung und Bedeutung dieser neuen Stadtverwaltungsordnung führte auf Seite 4 Gothas Archidiakon bereits vor 176 Jahren u. a. aus:
"Dem aus unserer Mitte an ihn gelangten Wünschen und Bitten Gehör gebend, hat nämlich unser gnädigster Landesvater der Verwaltung dieser Stadt eine neue Ordnung verliehen, welche sich vor der bisherigen besonders dadurch auszeichnet, dass künftig unser Gemeinwesen mit größerer Einheit, Kraft und Klarheit geleitet, dass von der Verwaltung desselben öffentlich Rechenschaft abgelegt, dass eine weit größere Zahl unserer Mitbürger zur tätigen Teilnahme daran hinzugezogen werden wird und dass sowohl diese mitwirkenden Vertreter der Bürgerschaft, als auch die Glieder der verwaltenden Behörde selbst, durch das Vertrauen, durch die eigene Wahl ihrer Mitbürger, zu ihren wichtigen Geschäften berufen werden."
Als Carl August Heß bereits nach knapp drei Jahren seine Stelle als 1. Bürgermeister der Residenzstadt Gotha verlässt, um höheren Aufgaben zu folgen, verfassen die Stadtverordneten Gothas das folgende Dankesschreiben (Dokument Nr. 82/83, 3 Seiten aus Mappe I):
"Hochverehrter Herr Regierungsrat!
Indem wir Sie aus Ihrem bisherigen Wirkungskreis und damit zugleich auch aus unserer Mitte scheiden lassen müssen, fühlen wir alle deshalb das Bedürfnis, Ihnen im schmerzlichen Gefühle der Trennung noch einmal die Gesinnungen der größten Hochachtung und der aufrichtigsten Dankbarkeit auszusprechen, mit denen wir gegen Sie erfüllt sind.
Die Einführung der neuen Stadtverwaltungsordnung war eine schwierige Aufgabe. Ihre klare Einsicht in die obwaltenden Verhältnisse, Ihre uneigennützige Liebe zur Sache, Ihr unermüdeter Eifer und Ihr angestrengter Fleiß haben diese Aufgabe auf eine Weise gelöst, durch welche die nun für die Wohlfahrt unserer Stadt gedeihliche Ordnung sicher und bleibend in das Leben eingeführt worden ist. Unter der Leitung Ihrer führenden Hand hat das neue Gebäude unseres Gemeinwesens nun so feste und gute Grundlagen erhalten, dass es für die Folgezeit nur eines angemessenen beharrlichen Ausbaues desselben bedürfen wird, damit die Bürger unserer Stadt unter dieser Stütze sicher wohnen und sich darin zufrieden fühlen mögen.
Nehmen Sie, Höchstverehrter, scheidend den innigsten Dank für das Geleistete von uns an ... Hoffen Sie mit uns, dass als schönster Lohn Ihrer Bemühungen dem sich von Jahr zu Jahr mehrenden Gemeinsinn unserer Bürgerschaft, bei steigender Einsicht und zunehmender sittlichen Bildung der Mitglieder derselben, in schöner Zukunft immer dessen Früchte entkeimen werden ..."
Dieses Dankschreiben endet dann mit folgender Bitte der Stadtverordneten:
"Bleiben Sie in dem neuen, wie in jedem künftigen Verhältnis Ihres Lebens ein wahrer Freund unserer Stadt; bleiben Sie auch uns allen immerdar freundlichst gewogen! Wir erharren für immer mit ausgezeichneter Hochachtung! Ihre dankbar ergebenen Stadtverordneten."
Und dann folgen 32 Unterschriften jener Stadtverordneten vor 174 Jahren, darunter auch Gottfried Wilhelm und Johann Friedrich Arnoldi.
Weil ich nicht nur diesen Inhalt, sondern schließlich nach mehreren "Versuchen" auch den des Dankschreibens des Gothaer Stadtrates vom 14. August 1835 entziffern konnte, bringe ich auch diesen heute erstmals einer größeren Öffentlichkeit zu Gehör (Dokument Nr.84 mit Rückseite der Mappe I).
"Wohlgeboren, Hochverehrter Herr Bürgermeister:
Erlauben Sie uns, noch einmal - zum letztenmal - mit diesem traulichen Namen Sie anreden zu dürfen; mit diesen Namen, an den die Erinnerungen einer zweijährigen (?) erfahrungsreichen Geschäftsverbindung mit Ihnen, an den das Bild Ihrer uns unvergesslichen Wirksamkeit in einem der wichtigsten Ämter unserer Stadt sich knüpfen. Wenn so mancher unserer Mitbürger Sie hochschätzte, weil er aus dem Erfolge Ihrer edlen Bemühungen um das allgemeine Beste Sie beurteilt, so hatten wir das Glück, Ihnen näher zu stehen und zum Teil das von Ihnen bewirkte Gute unter Ihren Händen entstehen zu sehen, Teil an den darüber gepflogenen Beachtungen zu nehmen, Ihre dabei geäußerten Bestimmungen und Grundsätze näher kennenzulernen. Ihre warme Liebe für Wahrheit und Recht, Ihren kräftigen Willen in Ausführung der gefassten Beschlüsse, Ihre Umsicht bei zu treffenden Einrichtungen, Ihre klare Auffassung der verwirklichten Verhältnisse, Ihre Gewandtheit in Beseitigung widerstehender Hindernisse, Ihren Überblick über das Ganze einer höchst einsichtigen Geschäftsführung zu bewundern ..."
Dieses Lob für einen der damals "ausgezeichnetsten Verwaltungsbeamten" der Residenzstadt Gotha und wenig später auch des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha setzt sich in diesem Dankesschreiben jenes Gothaer Stadtrates natürlich noch weiter fort.
Weil ich davon überzeugt bin, dass dieses bald das Amtszimmer des derzeitigen Gothaer Oberbürgermeiters schmücken wird, dass dieser Vortragstext mit Einbeziehung der gezeigten Originaldokumente vielleicht sogar bald einmal zu einem "Gedenkblättchen" erweitert werden könnte, beende ich meine Ausführungen zu diesem Dokument mit den hierin noch zu lesenden letzten Sätzen:
"Mögen Sie in dem neuen Kreise der Wirksamkeit, der sich Ihnen eröffnet, ganz die Befriedigung finden, die Ihren Verdiensten gebührt. Dazu begleitet Sie die Liebe, die Dankbarkeit, die unveränderliche Hochachtung und Verehrung der mit Wehmut von Ihnen scheidenden Glieder des Stadtrates."
Dieser Dankestext ist unterschrieben von sechs Stadträten.
In jener Heß-Akte Nr. I, welche noch viele weitere einzigartige Dokumente aus dem Zeitraum von 1822 bis 1848 beinhaltet, blieben uns auch die Dankesworte des Bürgermeisters Carl August Heß an seine Stadtverordneten vom 14. August 1835 (s. Nr. 85), sowie an seinen Stadtrat vom 20. August 1835 (s. Nr. 86), als dessen handschriftliche Entwürfe bis heute erhalten!
Verehrte Gäste,
meinen Vortrag kann und möchte ich nicht beenden, ohne auch die sehr erfolgreiche Amtszeit des verdienstvollen Gothaer Bürgers Carl August Heß als Geheimer Staatsrat und späterer Präsident der Finanzabteilung in der neuen Landesregierung des Herzogtums ab 1849 gewürdigt zu haben. Versetzen wir uns gemeinsam in die Zeit vor und nach dem Revolutionsjahr 1848 und lassen wir hierzu die Dokumente zu Wort kommen!
Am 2. Januar 1837 war Carl August Heß als bisheriger Regierungs- und Steuerrat von Herzog Ernst I. zum Geheimen Assistenzrat des herzoglichen Ministeriums berufen worden (Dokument Nr. 102 mit Rückseite, in der Mappe I).
"1841 fungiert er dann als herzoglicher Commissar bei der Eisenbahnkonferenz in Berlin, wo er bei Feststellung der Anlage der Halle-Kasseler Eisenbahn für die Interessen Thüringens mit großem Erfolg tätig war", wovon dann noch ein Originaldokument gezeigt wird.
"Noch im selben Jahre brachte Heß den Vertrag über Erneuerung der Militäretappenconvention mit Preußen zu einem sehr glücklichen Abschluss", was diesem am 5. Januar l842 schriftlich bezeugt wurde (Dokument Nr. 114 der Mappe I)!
Nun hagelt es Auszeichnungen für unseren Carl August Heß, wovon die folgenden Dokumente Zeugnis ablegen: So erhält dieser am 11. Januar 1842 ein herzliches Dankschreiben der Eisenbahngesellschaft (Dokument Nr. 115 der Mappe I).
Ebenfalls am 11. Januar 1842 ehrt ihn der Großherzog zu Sachsen-Weimar-Eisenach mit dem Orden zum Weißen Falken (Dokument Nr. 116 der Mappe I).
Eine weitere gesiegelte Urkunde vom 12. März des Jahres 1842 bezeugt die Auszeichnung des Geheimen Assistenzrates Carl August Heß mit dem "Roten-Adler-Orden" dritter Klasse, durch den preußischen König Friedrich Wilhelm (Dokument Nr. 123 aus Mappe l).
Am 3. Januar 1844 war Carl August Heß das Commissiariat für das Hoftheater und die Kapelle übertragen worden, was ebenfalls durch eine gesiegelte Urkunde bezeugt ist (Dokument Nr. 133 der Mappe I).
Doch eine der wichtigen Amtshandlungen des seit dem 29. Januar 1844 regierenden Herzogs Ernst II. war die Berufung von Carl August Heß zum Geheimen Staatsrat am 29. Juli 1844, also vor genau 165 Jahren (Dokument Nr. 136 der Mappe I).
Am 25. März 1845 wird Carl August Heß sogar mit einer Auszeichnung des Königs von Belgien bedacht (Dokument Nr.140 der Mappe I).
Und am 1. März 1846 erhält der Geheime Staatsrat Carl August Heß als Departementschef Sitz und Stimme im Staatsministerium des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha (Dokument Nr. 144 in Mappe I).
Nur drei Monate später, am 27. Juni 1846, erhält dieser für all seine Verdienste beim Zustandekommen des Vertrages über die Anlage der Main-Werra-Eisenbahn sogar vom König von Bayern den "Verdienstorden vom heiligen Michael"(Dokument Nr. 146 der Mappe I).
Wohl nicht nur hierfür, sondern auch für seine Verdienste beim Zustandekommen der Gotha-Leinefelder-Bahn, bekam der "im Rechtssinn und Pflichtgefühl unbeugsame und mit bescheidenem Lohn zufriedene" Staatsbeamte Carl August Heß schon 13 Monate später, am 19. Juli 1847, von König Wilhelm von Preußen eine Auszeichnung, diesmal den "Roten-Adler-Orden" zweiter Klasse (Dokument Nr. 160 der Mappe I).
Seine letzte Auszeichnung - kurz vor den Märzereignissen 1848 - war noch das Comturkreuz 1. Klasse, welches ihm der Großherzog Carl Friedrich zu Sachsen-Weimar-Eisenach am 14. Januar 1848 verlieh (Dokument Nr. 163 der Mappe I).
Noch am 3. Februar jenes denkwürdigen Revolutionsjahres erhielt C. A. Heß zu dieser Auszeichnung durch den Staatsminister Stein auch den schriftlichen Glückwunsch des ihm in Freundschaft verbundenen Landesvaters, Herzog Ernsts II. (Dokument Nr. 166 der Mappe I).
Ausgerechnet an einem derart humanen, "ehrenhaften, rastlos tätigen und peinlich gewissenhaften" Verwaltungsbeamten des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha sollte sich dann in den Märztagen des Revolutionsjahres 1848 "die missgeleitete Volksmeinung" ergötzen. Hiervon zeugt die Aktenmappe Nr. II, deren gesamter Inhalt nur diesem einen Schreckensjahr im Leben des Carl August Heß geschuldet ist, und der mich diesbezüglich an die weisen Worte aus der Heiligen Schrift Nr. 522 erinnerte:
Wie eingangs bereits erwähnt, konnten zu Beginn des Monates März im Jahre 1848 die Gothaer plötzlich an allen Straßenecken in roter Schrift auf den angebrachten Flugblättern lesen: "CONSTITUTION" - Nieder mit Heß, Szymborski, Eberhard" (vgl. Abbildung weiter oben)
Doch bereits am 9. März 1848 erfährt der aufmerksame Leser der "Gothaischen Zeitung" hierzu aus der "Bekanntmachung" des Geheimen Staatsrates Hess dessen Rechtfertigung:
"Nach den neuesten Vorgängen in hiesiger Stadt glaube ich es meiner Ehre schuldig zu sein, hiermit zu erklären, dass das ausgestreute Gerücht, als ob ich einer zeitgemäßen Reform der hiesigen kindesstädtischen Verfassung entgegen gewesen sei, eine Unwahrheit und Verleumdung enthält und dass daher jenes Gerücht nur aus den unlautersten Quellen geflossen sein kann ..." (Dokument Nr.15 der Mappe II)
In der zweiten Dokumentenmappe, die als ein hervorragendes Zeitzeugnis das Revolutionsjahr 1848 widerspiegelt, zeugen allein 111 Briefe, Zeitungsbeiträge und Urkunden von den damaligen Ereignissen sowie den unterschiedlichsten Stimmungen in den Residenzstädten Gotha und Coburg! Eine Fundgrube, die es unbedingt noch näher zu erschließen gilt!
In dieser ersten ausführlicheren Publikation zum Leben und Wirken des einstigen Staatsbeamten Carl August Heß - nach rund 160 Jahren - kann ich mich hier nur auf die aussagekräftigsten Dokumente berufen. Zu diesen gehören neben denen eines innigen Briefverkehrs zwischen Herzog Ernst II. und seinem Geheimen Staatsrat Carl August Heß u. a. auch ein Brief von Gustav Freytag (Nr. 18/19 der Mappe II), Zeitungsberichte und auch drei ausführliche Briefe des Regisseurs des Herzoglichen Hoftheaters Kawczynski. Aus jenem Schreiben vom 12. März 1848 hier der folgende Auszug:
"Was mich selbst betrifft, mein Hochverehrter Gönner, so glauben Sie mir, Ihnen meinen innigsten Dank für so manchen Beweis Ihrer Güte und Ihres liebreichen Wohlwollens ehrerbietigst zu Füßen zu legen ..." (Dokument Nr. 27, Rückseite der Mappe II, leider keine Abbildung)
Sehr ähnlich beginnen oder enden auch weitere Briefe in der Mappe II!
Der Inhalt des folgenden persönlichen Briefes von Herzog Ernst II. an seinen Geheimen Staatsrat Heß vom 13. März 1848 spiegelt die anhaltende echte Freundschaft zwischen dem Staatsbeamten und dem Landesvater vor 161 Jahren wider. Der Gemeine Staatsrat Hess hatte zuvor wegen anhaltender Anfeindung um seine Demission gebeten!
"Mein lieber Geheimer Staatsrat Heß!
Nur mit Widerstreben kann ich mich Ihrer dringenden Bitte um Enthebung von den Geschäften meines Staatsministeriums stattzugeben entschließen, nicht allein, weil Ich in der gegenwärtigen Zeit, welche die Arbeitskräfte meines Staatsministeriums auf ungewöhnliche Weise in Anspruch nimmt, Ihre wirksame Tätigkeit nur höchst ungern verliere. Sondern auch, weil ich als Veranlassung für Ihre Bitte das Gerücht kenne ... Um Ihnen indess einen Beweis meines besonderen Wohlwollens zu liefern, gebe ich Ihrem wiederholten dringenden Wunsche durch Bewilligung eines Urlaubs auf unbestimmte Zeit nach und verbleibe
Ihr wohlgewogener Herzog Ernst
Gotha, den 13. März 1848" (Dokument Nr. 27a aus Mappe II)
Noch am selben Tag, am 13. März 1848, hatte den Herzog die Forderungen des Revolutionskommittees erreicht, und drei Tage später, mit Erlass vom 16. März, akzeptierte der Herzog alle Forderungen: In einem "allerhöchsten Befehl" wird z. B. die Freiheit der Presse und das Recht auf Bewaffnung festgeschrieben, Geschworenengerichte und eine Volksvertretung erlaubt. Schon wenige Tage später kommt es zur Aufstellung von Bürgerwehren, mit schwarz-rot-goldenen Bändern an den Hüten, wobei sich der geschickt taktierende Herzog in genau dieser Montur öffentlich sehen und gleichzeitig die schwarz-rot-goldene Fahne auf Schloss Friedenstein hissen lässt.
Nahezu zeitgleich, exakt am 19. März 1848, wendet sich Herzog Ernst II. erneut mit einem Privatbrief an seinem beurlaubten Beamten Carl August Hess, in dem er ihn um Unterstütztung für einen liberaleren Kurs bittet.
Am selben Tag erlässt der Herzog in Gotha ohne Mitwirkung der alten Stände eine neue "Wahlordnung für den konstituierenden Landtag", analog zur Ordnung des Coburger Landtags: Eine Stimme erhält der Bevollmächtigte des Fürsten von Hohenlohe, die Ritterkurie erhält 5 Sitze, 1 Sitz fällt an den Stadtrat von Gotha. Alle anderen Mitglieder sollen in indirekter Wahl durch die Bevölkerung bestimmt werden, wobei ein Mindestalter von 25 Jahren, jedoch kein Zensus Voraussetzung ist. Die Städte Gotha, Ohrdruf und Waltershausen wählen so künftig 5, die anderen Ortschaften 12 Abgeordnete. Aber noch immer verstummt nicht die Kritik; vor allem die Sitze der Ritterschaft werden weiterhin abgelehnt.
Am 20. März 1848 folgt dann mit einer gesiegelten Urkunde das offizielle Dokument der Amtsenthebung für den Geheimen Staatsrat Carl Heß zu Coburg. Er wird unter Belassung seiner vollen Gehaltsbezüge vorläufig beurlaubt. (Dokument Nr. 45 der Mappe II).
Im Beiblatt zur "Gothaischen Zeitung" vom 22. März 1848 (Nr. 44-48) und vom 25. März (Nr. 49-50), in der "Thüringer Zeitung" vom 24. März 1848 (Nr. 51-52), sowie nochmals in derselbigen vom 29. März 1848 (Nr.53-54) findet man die unterschiedlichsten Pressemitteilungen zu jenen März-Ereignissen.
Hochinteressant ist der vierseitige Brief des Gothaer Verlegers Friedrich Gottlieb Becker, welcher jenem undatierten Brief noch die Nr. 116 des "Allgemeinen Anzeigers und der Nationalzeitung der Deutschen" vom 29. April 1848 beigelegt hatte (Dokument Nr 73-76).
Friedrich Gottlieb Becker schrieb damals an den "durch und durch ehrenhaften ... und voll Hingebung an den Staat" geprägten Carl August Heß u. a. Folgendes (Dokument Nr. 71 u. 72 Rückseite, Mappe II):
"Hochverehrter Freund!
Sie dürfen mir glauben, dass ich ernsthaft teilnehmend empfinde, in welch bedrückender Lage und mit wie bitteren Empfindungen Sie durch die Ereignisse der neuesten Zeit verfolgt worden sind. Sie gehören zu den Opfern der Revolution, welche den veränderten Zuständen und Ansichten in anderen Staaten weit zahlreicher gefallen sind als bei uns ..."
Am Ende seines sehr herzlichen Briefes führt dieser spätere Abgeordnete der Frankfurter Nationalversammlung aus:
"Stellen Sie sich um Ihrer selbst willen über die Verhältnisse, die Sie ereilt haben. Sie werden wieder Mut und Zuversicht gewinnen! Begleiten Sie mich in Gedanken auf dem gefährlichen Weg, den ich nächste Tage betrete, mit schwachen Kräften, aber mit Vertrauen auf Gott. Bleiben Sie mir freundlich gewogen!
Mit hochachtungsvoller Ergebenheit
der Ihrige F. G. Becker"
In der oben genannten "Nationalzeitung der Deutschen" vom 29. April ist auf den Seiten 1548 bis 1551 Beckers Beitrag vom 27. April 1848 nachzulesen:
"An meine Mitbürger im Herzogtum Sachsen=Gotha!
Die Männer Ihres Vertrauens, die Wahlmänner unseres Landes, haben mich gestern zum Abgeordneten des Herzogtums Sachsen-Gotha für die Versammlung der Volksvertreter von ganz Deutschland in Frankfurt am Main gewählt ... Mit unserem Herzog an der Spitze des Landes wollen wir eintreten in den neuen festen Bund unseres deutschen Volkes ... Frei und treu ohne Menschenfurcht will ich Ihre, will ich meine Überzeugung vor Deutschland bekennen, so wahr mir Gott helfe!" (Dokument Nr. 74 und 75, jeweils Rückseite, Mappe II)
Mit erfreulichen Ausarbeitungen vom 27. März des neuen Jahres 1849 für seinen Herzog beginnt Carl August Heß dann seine dritte und letzte Sammelmappe, mit einzigartigen Dokumenten bis zum Jahre 1867 (Dokument Nr. l der Mappe III).
Mit einem uns bis heute erhaltenem handgeschriebenen Originalbrief antwortet der Landesvater hierauf mit "Lieber Heß..." und beendet denselben auf der dritten Seite dann mit: "Ihr Ernst" (Dokument Nr.2 /3 der Mappe III).
Bereits am 18. April 1849 erfahren wir aus dem amtlichen Schreiben des neuen Herzoglich-Sächsischen Staatsministeriums, dass für eine neu zu bildende Finanzbehörde der Geheime Staatsrat Heß vorgesehen ist (Dokument Nr.5, Vorder- und Rückseite, Mappe III).
Sollten sich doch noch die Worte des ihm befreundeten Verlegers Friedrich Gottlieb Becker vom Vorjahr: "Sie werden wieder Mut und Zuversicht finden!" erfüllen?
All jene 126 Dokumente dieser dritten und letzten Dokumentensammlung unseres hervorragenden Staatsbeamten Heß wären für einen Extravortrag völlig ausreichend. Deshalb beschränke ich mich zum Schluß meiner heutigen, Erstpublikation zum Leben und Wirken des Carl August Heß nur noch auf einige Zeitungsberichte des Jahres 1849 und beende diese mit einem Auszug seiner nach 1871 gedruckten Kurzbiografie.
In der "Dorfzeitung" vom 9. Juni 1849 auf Seite 510 (Dok. 16) sowie in selbiger vom 18. Juli 1849 auf der Seite 618 (Dok. 17) erfahren wir aus den Presseberichten zur neuorganisierten Finanzabteilung der Herzoglichen Landesregierung zu unserem Heß am 9. Juni 1840:
"Wir wünschen Ihm mit allen Parteilosen zu seinem neuen Wirkungskreise Kraft und Ausdauer bezüglich der körperlichen Befähigung, da sein Geist nie ermüdet!"
Am 18. Juli 1849 heißt es zu jener neu zu besetzenden Finanzabteilung:
"Wangenheim - der Name unseres verehrten bisherigen Regierungsdirektors - oder Heß sei der Wahlspruch bei der vorseienden, wichtigen Besetzung der erwähnten Präsidentenstelle."
Am 24. August 1849 ist die Entscheidung gefallen. In der gesiegelten Herzoglichen Urkunde heißt es, "dass der Geheime Staatsrat Carl Heß in Gotha zum Präsidenten der Finanzabteilung unserer Landesregirung berufen und als solcher eingesetzt worden ist" (Dokument Nr. 25 mit Rückseite, Mappe III).
Abschließend der folgende Auszug aus dessen Kurzbiografie:
"Es war wirklich nur ein zwölfmonatlicher Urlaub, den er antrat ... Im Mai 1849 kehrte er als der spätere Präsident bei der neuen Landesregierung nach Gotha zurück ... Nach neunjährigem Bestand wurde die neue Landesregierung aufgehoben und Heß mit vollem Gehalt zur Disposition gestellt ... Seine Hauptarbeit aber in den Jahren der Muße gehörte der Verwaltung der Sparkasse zu Gotha, als deren selbstloser Leiter er für Stadt und Land unendlich segensreich gewirkt hat.
Sein vornehmstes Augenmerk war auf gemeinnützige Verwendung der großen Kapitalien dieser Anstalt gerichtet, sein Werk die Anlage billiger und zweckmäßiger Arbeiterwohnungen in Gotha, der Bau neuer Krankenhäuser in Ohrdruf und Waltershausen. In diesen Städten steht sein Wirken heute noch in dankbarster Erinnerung!"
Mit der letzten gesiegelten Urkunde Herzog Ernsts II., der Ernennung dieses einstigen Regierungspräsidenten Carl August Heß zum Geheimen Rath mit dem Ehrenprädikat "Excellenz" vom 1. Januar des Jahres 1867, möchte ich diesem ausgezeichneten Verwaltungsbeamten, der als ein gebürtiger Gothaer am 1. März 1871 in dieser Residenzstadt für immer die Augen schloss, ein ehrendes Gedenken erweisen (Dokument Nr. 114 der Mappe III)!
Roland Scharff
Georgenthal,den 30. Juli 2009
Kurze Rede anlässlich der Pressekonferenz am 31. Juli 2009, um 9 Uhr:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Kreuch, lieber Knut, werte Vertreter der Presse!
Ich halte hier - noch - ein von meiner Frau extra so liebevoll verpacktes "Kleinod" in den Händen, dessen historisch einmalige Aussagen der Öffentlichkeit bis zum heutigen Tage rund 160 Jahre verborgen geblieben sind!
Im Frühjahr 1974, vor nunmehr 35 Jahren, überraschte mich meine damalige Georgenthaler Schülerin Regina Pfeifer (verheiratete Kästner) mit einigen gesiegelten Urkunden aus der Zeit von 1822 bis 1867. Mir als Geschichtslehrer und leidenschaftlichem Heimatforscher war damals sofort klar, dass hier auf dem Dachboden jener später dem Bau einer Kaufhalle weichenden "herrschaftlichen" Georgenthaler Scheune aus der Übergangszeit vom 19. zum 20. Jahrhundert noch weitere "Schätze" zu bergen sein müssten. Und nur wenige Stunden später brachten mir dann die Geschwister Pfeifer tatsächlich einen Handwagen voller Säcke "Altpapier". Nach Wochen langen Recherchierens durch das Ehepaar Waldfriedel und Roland Scharff sollte sich dieses "Altpapier" als der seit dem Revolutionsjahr 1848 verschollene Nachlass des einstigen 1. Bürgermeisters der Residenzstadt Gotha und späterem Regierungspräsidenten des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha - Carl August Heß (1800-1871) - entpuppen! Auch dessen Sohn, der spätere Forstprofessor und Rektor der Universität Gießen, Richard Heß (1835-1916), hatte nach dem Vorbild seines Vaters ebenfalls eine solche Aktensammlung angelegt, die am Vorabend ihres 400-jährigen Bestehens diese hessische Bildungseinrichtung von mir für weitere Forschungszwecke erworben hat.
Während mir persönlich noch ein bedeutender Teil des Nachlasses von dessen Schwiegersohn, dem kaiserlichen Oberstleutnant Carl Pampe, vorliegt, möchte ich mich heute - wenn auch schweren Herzens - von dieser einzigartigen Dokumentensammlung verabschieden.
Es handelt sich um drei Mappen, in denen Carl August Heß alle wichtigsten Dienstakten und Familienpapiere fein säuberlich geordnet und nummeriert für die Nachwelt aufbewahrte.
Während die Dokumentenmappe I alle wichtigen Schreiben und Urkunden aus der Zeit von 1822 bis zu Beginn des Jahres 1848 beinhaltet, welche hauptsächlich seine Tätigkeit als 1. Bürgermeister der Residenzstadt Gotha vom Dezember 1832 bis August 1835 widerspiegeln, dokumentiert die Mappe II anhand von 111 einzigartigen Originalen ausschließlich die Ereignisse sowie die unterschiedlichsten Meinungen der Bürger der Residenzstädte Gotha und Coburg im Revolutionsjahr 1848! Aus der wohl schon kurz nach dem Tod von Carl August Heß gedruckten Kurzbiografie desselben erfahren wir hierzu: "Constitution - Nieder mit Heß!" las man in roter Schrift an den Straßenecken Gothas in den Märztagen jenes Jahres. Die "missgeleitete Volksmeinung" hielt ihn für einen fanatischen Gegner der Repräsentativverfassung, der er durchaus nicht war. Ein in dieser Mappe erhaltenes Originalflugblatt war der Auslöser dafür, dass Heß als "einer der ausgezeichnetsten Verwaltungsbeamten" des damaligen Herzogtums aus dem Archiv sofort all jene, sein persönliches Wirken betreffendenden Originaldokumente holte, um diese für seine Nachfahren als Beweismittel aufzubewahren. Mappe III ist schließlich jenen Jahren 1849 bis 1867 gewidmet, in denen Carl August Heß nun auch als Präsident der Finanzabteilung (ab Mai 1849) in der neuen Regierung arbeitete und als ein solcher segensreich wirkte. Aus den letzten Dokumenten wird ersichtlich, dass Heß nun sein vornehmstes Augenmerk - als Verwalter der Sparkasse zu Gotha - auf gemeinnützige Verwendung der großen Kapitalien dieser Anstalt richtete. Zu seinem unvergessenen Werk zählen die Anlage billiger und zweckmäßiger Arbeiterwohnungen in Gotha und der Bau der Krankenhäuser in Ohrdruf und Waltershausen. In diesen Städten steht das Wirken dieses verdienstvollen, am 30. September 1800 in Gotha geborenen und auch ebenda am 1. März 1871 verstorbenen Staatsbeamten Carl August Heß noch heute in dankbarster Erinnerung! (lt. "Kurzbiografie")
Lieber Knut,
wenn ich Dir jetzt als würdigem Nachfolger die einzigartige Dokumentensammlung Deines Vorgängers Heß überreiche, verbinde ich hiermit gleichzeitig die Bitte, mir diese später noch einmal zur Dokumentation der bereits für meinen vorliegenden Vortrag ausgesuchten Originale zur Verfügung zu stellen.
Schreiten wir nun - erstmals nach 160 Jahren - zur Lüftung dieser Geheimnisse vor einer größeren Öffentlichkeit!
[Es folgte die Übergabe der drei noch verpackten Aktenmappen.]
Roland Scharff, Gotha, den 31. Juli 2009
Anhang:
Artikel Karl August Heß, Auszug aus: Allgemeine deutsche Biographie, Bd. 12, 1880, S. 296-298:
"Heß: Karl August H., herzogl. sachsen-koburg-goth. Regierungspräsident und Geh. Rath, geb. am 30. September 1800 zu Gotha, † ebendaselbst am 7. März 1871, einer der ausgezeichnetsten Verwaltungsbeamten, die das Herzogthum besessen hat. Nachdem er das Gymnasium seiner Vaterstadt durchlaufen, bezog er 1818 oder 19 die Universität Jena, um Jura zu studiren, wurde eifriges Mitglied und Vorstand der Burschenschaft, bestand Februar 1822 das juristische Tentamen vor der herzogl. Landesregierung und begann unmittelbar danach seine [297] amtliche Laufbahn als Accessist beim Stadtrath zu Gotha. Nach 10 Jahren vielseitiger Amtsthätigkeit, während deren er neben seinen Geschäften als „Rathsregistrator“ auch die Stellung eines „Amts- und Gerichtsadvokaten“, sowie die eines öffentlichen Notars bekleidete und nachdem er im Februar 1828 zum Obersteuersecretär ernannt worden, seit Februar 1829 sogar noch die Verwaltung der Gerichte zu Großenbehringen übernahm, wurde er am 17. Decbr. 1832 von der Vertretung der Stadt Gotha zu deren erstem Bürgermeister gewählt und trat damit an die Spitze eines völlig neu geordneten städtischen Gemeinwesens, in dessen Verwaltung er drei Jahre Haupt und Seele war und die er unter allgemeiner Anerkennung, und nur um höheren Aufgaben zu folgen, verließ. Mit dem Titel „Regierungs- und Steuerrath“ war H. als Assessor in das Obersteuercollegium zu Gotha berufen worden; im Jan. 1837 rückte er zum Geh. Assistenzrath beim Ministerium auf, fungirte 1841 als herzogl. Commissar bei der Eisenbahnconferenz in Berlin, wo er bei Feststellung der Anlage der Halle-Casseler Eisenbahn für die Interessen Thüringens mit großem Erfolge thätig war; noch in demselben Jahre brachte er den Vertrag über Erneuerung der Militäretappenconvention mit Preußen zu einem sehr glücklichen Abschluß. Neben der höchsten Anerkennung seitens des Ministeriums wurden ihm für all’ seine Verdienste Ordensauszeichnungen seitens der Regierungen von Gotha, Weimar und Preußen zu Theil, denen sich nachher noch viele andere, u. a. aus Baiern und Belgien, anschlossen. Im J. 1844 wurde ihm das Commissariat für das Hoftheater und die Capelle übertragen, noch in demselben Jahre erfolgte seine Ernennung zum Geh. Staatsrath, in welcher Eigenschaft er am 1. März 1846 als Departementschef Sitz und Stimme im Staatsministerium erhielt. Das Zustandekommen des Vertrags über Anlage der Main-Werra-Eisenbahn am 27. Juni 1846 war, wie später die der Gotha-Leinefelder Bahn vorzugsweise sein Verdienst. H. war ein Typus jenes bürgerlichen Beamtenadels, den wir heute als eine der besten Säulen unseres Staatswesens betrachten, während er in den Tagen des Polizeistaates viel ungerechter, wenn auch oft erklärlicher Verkennung ausgesetzt war. Ehrenhaft durch und durch, rastlos thätig, peinlich gewissenhaft, für unendliche Arbeit mit bescheidenem Lohn zufrieden, voll Hingebung an den Staat, unbeugsam in Rechtssinn und Pflichtgefühl, aber auch selbstbewußt, schroff gegen unbefugtes Dreinreden, unzugänglich für jähe Neuerungen und vor allem ein Todfeind der Schreier und der Schwätzer – so geartet war er selbstverständlich eines der ersten Opfer der gemüthlichen Anarchie von 1848. „Constitution“ – „Nieder mit Heß!" las man in rother Schrift an den Straßenecken Gotha`s in den Märztagen jenes Jahres. Die mißleitete Volksmeinung hielt ihn für einen fanatischen Gegner der Repräsentativverfassung, der er durchaus nicht war. Er bat um seine Entlassung, aber der Herzog bewilligte ihm am 13. März nur einen Urlaub auf unbestimmte Zeit; in seinem Handschreiben vom selben Tage hieß es: – „und Ihnen doch am Besten bezeugen kann, daß Sie der Reform der hiesigen landschaftlichen Verfassung mit Ihrem Rathe nicht nur nicht entgegen waren, sondern dieselbe vielmehr ebenso kräftig gefördert, als sich bei den neuesten Erlassen zur Einführung constitutioneller Institutionen mit thätig gezeigt haben“. Es war wirklich nur ein zwölfmonatlicher Urlaub, den er antrat, als er jetzt von Gotha ganz nach Coburg übersiedelte, begleitet von den wärmsten Theilnahmebezeugungen seiner treugebliebenen Freunde. Im Mai 1849 kehrte er als Präsident der Finanzabtheilung bei der neuen Landesregierung nach Gotha zurück. Die Dorfzeitung vom 9. Juni 1849 sagte: Der Geh. Staatsrath H. „wird in kurzer Zeit bei seinen eminenten Talenten und seiner seltenen Gabe, einen neuen Geschäftskreis zu überblicken und zu ordnen, die neue Staatsmaschine mit rastlosem Fleiße in raschen [298] Gang versetzen. Wir wünschen ihm mit allen Parteilosen zu seinem neuen Wirkungskreise Kraft und Ausdauer bezüglich seiner körperlichen Befähigung, da sein Geist nie ermüdet!“ Nach neunjährigem Bestand wurde die neue Landesregierung aufgehoben und H. mit vollem Gehalt zur Disposition gestellt. Bis zum J. 1867 führte er noch die Verwaltung des Lichtenberger Fideicommisses, der er seit März 1848 eine schöpferische Thätigkeit von anerkanntem Werthe gewidmet hatte. Seine Hauptarbeit aber in den Jahren der Muße gehörte der Verwaltung der Sparkasse zu Gotha, als deren selbstloser Leiter er für Stadt und Land unendlich segensreich gewirkt hat. Sein vornehmstes Augenmerk war auf gemeinnützige Verwendung der großen Kapitalien dieser Anstalt gerichtet, sein Werk die Anlage billiger und zweckmäßiger Arbeiterwohnungen in Gotha, der Bau neuer Krankenhäuser in Ohrdruf und Waltershausen. In diesen Städten steht sein Wirken heute noch in dankbarster Erinnerung.
Dienstakten und Familienpapiere.
Oncken."
[Karl August Heß] - [Ríchard Heß] - [Wilhelm Oncken]
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